Therapie des Schielens

Kinder-Augenheilkunde

Wie wird Schielen behandelt ?
Die Schielbehandlung basiert auf zwei (gegebenenfalls drei) wichtigen Säulen:
1.) Versorgung mit Brillengläsern, um Brechungsfehler zu korrigieren.
2.) Behandlung der Sehschwäche (Amblyopie). Dabei wird das bessere Auge abgedeckt, um das schwächere Auge durch Training zu fördern.
3.) Operative Korrektur durch Umlagerung von Augenmuskeln: bei etwa der Hälfte der betroffenen Kindern erforderlich.

Schielen und Brille
Zunächst ermittelt der Augenarzt die Ursache des Schielens. Einwärtsschielen, das erst im zweiten Lebensjahr oder später auftritt, wird bei mehr als die Hälfte der Kinder durch nicht korrigierte Fehlsichtigkeit verursacht. Dabei handelt es sich in der Regel um eine stärker ausgeprägte Übersichtigkeit (im allgemeinen Sprachgebrauch oft auch Weitsichtigkeit genannt). Mit der „richtigen“ Brille kann der Augenarzt bei vielen dieser Kinder das Schielen beheben oder zumindest verringern. Eine Brillenbehandlung ist schon im ersten Lebensjahr möglich. Oft wird die Sehhilfe von kleineren Kindern besser akzeptiert als von Zwei- bis Dreijährigen in der ggf. vorhandenen Trotzphase.

Wie wird die Schiel-Sehschwäche (Amblyopie) behandelt ?
Zur Verhinderung oder Behandlung einer Amblyopie dient die Abdeck- oder Okklusionstherapie, bei der nach Anweisung des Augenarztes/der Augenärztin in Zusamenarbeit mit unserer Orthoptistin, Frau Böwingloh, in einem bestimmten Rhythmus Pflaster auf das nicht schielende Auge geklebt werden. Das Pflaser wird nie ständig, sondern in individuell empfohlene Intervallen getragen, somit besteht keine Gefahr,dass das bessere Auge sehschwach wird.

Wenn ein Kind wegen Hautreaktionen das Pflaster nicht verträgt, kann der Augenarzt/die Augenärztin eine halbdurchsichtige oder undurchsichtige Folie für das Brillenglas verordnen. Nur selten erfolgt die Therapie mit Augentropfen, die nach festgelegtem Zeitplan in das nicht-schielende Auge gegeben werden, um vorübergehend seine Sehschärfe gezielt zu vermindern.

Wichtig für den Erfolg der Amblyopiebehandlung ist die Mithilfe der Eltern, die dafür sorgen, dass die Trainingsphasen sorgsam eingehalten werden, die der Augenarzt/die Augenärztin in Zusammenarbeit mit unserer Orthoptistin, Frau Böwingloh, in jedem Fall individuell exakt festlegt.

Führen Brille und Abdeckung nicht zu einer Besserung der Sehschärfe, weil die Amblyopie-Behandlung nicht rechtzeitig beginnen konnte, kann bisweilen eine Schulungsbehandlung durch den Augenarzt/Augenärztin in Zusammenarbeit mit unserer Orthoptistin weiterhelfen. Das Kind und die Eltern werden in der Sehschule (Orthoptik) in die Übungen eingewiesen, die dann täglich zu Hause fortgesetzt werden.

Die Amblyopiebehandlung muss meist über Jahre, manchmal bis zum 13. Geburtstag hinaus, zusätzlich zur Brille und auch nach erfolgreicher Operation fortgesetzt werden. Wenn die Amblyopie erstmals beim älteren Kind / Schulkind behandelt wird, ist leider meist keine normale volle Sehschärfe zu erreichen.Jedoch sollte eine Steigerung der Sehschärfe immer versucht werden damit im Falle einer Erkrankung des gesunden Auges zu einem späteren Zeitpunkt das sog. „Reserve-Auge“ ein möglichst gutes Sehvermögen aufweist.

Wann ist eine Schiel-Operation notwendig, wie geht sie vor sich ?
Wenn der Schielwinkel so groß ist, dass keine beidäugige Zusammenarbeit aufkommen kann, sollte die Fehlstellung durch Operationen an den äußeren Augenmuskeln beseitigt werden. Manchmal ist die operative Stellungskorrektur Voraussetzung für weitere Maßnahmen wie Schulungen oder die Abdeckbehandlung. In der Regel erfolgt die Operation erst dann, wenn das Kind die Brille verlässlich trägt, mit beiden Augen annähernd gleich gut sieht und bei der Untersuchung mitarbeitet.

Der ideale Zeitpunkt bei gesunden Kindern mit frühkindlichem Schielen liegt im 5.bis 6. Lebensjahr, da
— die Brille in der Regel konsequent getragen wird
— die Amblyopie weitestgehend behoben ist
— die Kooperation eine sehr genaue Winkelmessung vor der Operation ermöglicht und somit das operative Ergebnis besser planbar wird
— das Kind ein größeres Verständnis für die Situation hat und nicht so ängstlich reagiert wie jüngere Kinder.

Schieloperationen sind ausgesprochen risikoarm und haben gute Erfolgsaussichten. Sie werden vom Augenarzt bei Kindern in Allgemeinnarkose ausgeführt, d.h. nach der Beruhigungsspritze und der Narkoseeinleitung spürt das Kind von dem Eingriff nichts mehr. Nach dem Aufwachen machen sich noch für etwa 48 Stunden leichte Schmerzen oder ein Fremdkörpergefühl bemerkbar – vor allem bei Augenbewegungen. Während der ersten Woche nach dem Eingriff ist die Bindehaut am Auge oft noch deutlich gerötet und manchmal auch geschwollen. Nach kurzer Zeit aber sieht man nicht mehr, dass am Auge operiert wurde. Bei der Operation wird das Auge werder herausgenommen noch aufgeschnitten. Der Augenarzt öffnet lediglich die leicht heilende Bindehaut, um an den unmittelbar darunter liegenden Augenmuskeln operieren zu können. Von der Art und der Stärke der Fehlstellung und vom Ergebnis der Vorbehandlung hängt es ab, ob ein einmaliger Eingriff genügt oder ein Mehrstufenplan notwendig wird. In wenigen, nicht voraussehbaren Fällen muss trotz bester Planung und Operationstechnik entweder bald nach der ersten Operation oder auch erst Jahre danach ein zweites Mal operiert werden.

Wie können Kind, Eltern und Augenarzt zusammenarbeiten ?
Abgesehen von der Operation ist der Augenarzt bei allen anderen Therapiemaßnahmen nur dann erfolgreich, wenn die Eltern zuverlässig mitwirken. Der Augenarzt und die Orthoptistin müssen sich darauf verlassen können, dass das Kind die verordnete Brille ausnahmslos und ununterbrochen trägt, dass bei der Okklusionstherapie Haut – oder Brillenpflaster so lange, wie festgelegt, aber auch nicht länger als vorgeschrieben auf dem Auge bleiben, dass sie auch nicht „nur mal zwischendurch“ abgenommen werden und dass jeder Termin – sei es zur Untersuchung oder zur Schulung – eingehalten wird.
Ihr Augenarzt/Ihre Augenärztin und die Orthoptistin der Praxis Dres.Runkel, Frau Böwingloh, wissen, dass Sie und Ihr Kind viel Geduld und Durchhaltevermögen aufbringen müssen. Wir werden Sie in jeder Weise unterstützen: medizinisch, psychologisch und durch eingehende Informationsgespräche.

Jedes Schielen im Kindesalter ist gefährlich.
„Unsichtbares“ Schielen, einseitige und höhere Fehlsichtigkeiten sind häufig und führen oft zu einer stark ausgeprägten Sehschwäche.

Lassen Sie Ihr Kind beim geringsten Verdacht augenärztlich untersuchen, besonders bei Vorliegen von Risikofaktoren und bei Schielen in der Familie schon mit sechs bis zwölf Monaten.

Jedes unauffällige Kind sollte in jedem Fall mit 30 bis 42 Monaten beim Augenarzt gewesen sein.